Tischlerei Bauer

Tischlerei Bauer

Die Tischlerei Bauer aus Langenhagen im Kreis Ostholstein in Schleswig Holstein besteht bereits seit dem Jahre 1932. Neben der Erweiterung des Werkstattgebäudes haben bereits drei Generationen die Tischlerei geleitet. Im folgenden Absatz wird die historische Maschinisierung der Tischlerei und die damit einhergehenden Erweiterungen des Werkstattgebäudes thematisiert.

Im Jahre 1932 gründete Rudolf Wilhelm Bauer eine Stellmacherei, mit der die Geschichte derTischlerei Bauer begann. Die Stellmacherei - auch Wagnerei genannt - ist die Werkstatt eines Stellmachers, der Räder, Wagen und andere landwirtschaftliche Geräte aus Holz herstellt.59 Um zu dieser Zeit an den Werkstoff Holz zu gelangen, fuhr man Anfang des 20. Jahrhunderts in den Wald und kaufte dort diverse Holzarten vom Herzog von Oldenburg. Für die Gestelle benötigte man Esche, für die Felgen eignete sich Buche hervorragend. Für Radnaben wurde Ulme eingekauft. Speichen, Deichseln und Arme waren aus Esche. Die gekauften Stämme wurden mit der Kerbsäge oder Hobelsäge in brauchbare Längen geschnitten, dann mit dem Spaltbeil gespalten und draußen zum Trocknen aufgestapelt. Nach etwa vier Jahren konnte dann das Holz verwendet werden.

 

Stellmacherei Bauer, links außen Rudolf Wilhelm Bauer 

 

1933 kaufte Rudolf Wilhelm Bauer einen Dieselmotor, mit dem über eine Transmission eine Drehbank, eine Bandsäge und ein Abrichter angetrieben wurden. So konnte man schon zu dieser Zeit sehr günstig Ware herstellen.

1937 kaufte Rudolf Wilhelm Bauer ein Sägegatter in Einzelteilen, welches er selbst montierte. Der Schlitten war ganz aus Holz und die Spindeln wurden mit einem Schlüssel betätigt. Jetzt hatte Rudolf die Möglichkeit Bohlen zu schneiden. Jährlich kaufte er etwa 20 m³ Holz (Esche, Buche und Eiche) für den Betrieb ein. Auch Lohnschnitt wurde ausgeführt.

1942 wurde die Stellmacherei der Organisation "Todt" unterstellt. Die Organisation war eine nach militärischem Vorbild organisierte Bautruppe, die den Namen ihres Führers Fritz Todt trug.61 Sie diente der baulichen Realisierung von Schutz- und Rüstungsprojekten. Rudolf Wilhelm Bauer musste mit einem Gesellen und einem Lehrling Wehrmachtswagen herstellen. So bekam er aber Bezugsscheine für einen Elektromotor und eine Radmaschine. Zu dieser Zeit fertigte Rudolf Wilhelm Bauer sein Sohn Rudolf Bauer bereits Spielsachen für die NSDAP Frauenschaft in der Werkstatt. Den zuvor erwähnten Dieselmotor besitzt Rudolf Heinrich Bauer noch heute.

1942 wurde die Werkstatt auch das erste Mal erweitert. Um 6 x 6 m wurde angebaut mit einem hohen Dachboden, der viel Platz für Heu, Korn und Stroh für das Vieh und die Landwirtschaft bot. Diese Arbeiten erledigte die Frau von Rudolf Wilhelm Bauer um die Familie zu ernähren. Zu der Familie zählten damals ein Geselle, zwei Lehrlinge, eine Haushaltshilfe und fünf Kinder.

1943-44 wurden fast nur für Arbeiten für die Wehrmacht ausgeführt. Hierzu zählten Spaten-, Beil und Hammerstiele und Ankerwagen. Privat wurden Fenster, Küchenschränke, Tische und Schränke hergestellt.

1944 meldete sich einer der zwei Lehrlinge im letzten Lehrjahr freiwillig zur "SS", der Geselle war schon eingezogen worden. So war Rudolf Wilhelm Bauer nur noch mit einem Lehrling für die Organisation "Todt" tätig.

1945 wurde Rudolf Wilhelm Bauer zum Volkssturm eingezogen. Der Deutsche Volkssturm war eine deutsche militärische Formation in der Endphase des Zweiten Weltkrieges. Er wurde nach einem von der NSDAP ausgehenden propagandistischen Aufrufes an alle Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren gebildet, um den „Heimatboden“ des Deutschen Reiches zu verteidigen. Das Ziel des Aufrufs war es, die Truppen der Wehrmacht zu verstärken. 62

Rudolf Wilhelms Frau Maria bekam dafür einen italienischen Leutnant zugewiesen, welcher sich um den Betrieb kümmern und die anstehenden Arbeiten ausführen sollte. Dieser hatte jedoch keine Kenntnisse im Bereich des Stellmacher- oder Tischlerhandwerks. Rudolf Heinrich erinnert sich daran folgendermaßen: "Als der Leutnant bei uns ankam, steckte meine Mutter diesen Menschen mit samt der Kleidung in den großen Waschkessel, er wurde entlaust und das natürlich heiß." Der Krieg ging langsam dem Ende entgegen und der Leutnant und Maria vergruben in einer Truhe nicht nur überlebenswichtige Lebensmittel wie einen Schinken, sondern auch Motor, Treibriemen und ihr Werkzeug. Nach zwei Monaten kam dann auch Rudolf Wilhelm zurück. Daraufhin nahm, der Betrieb nahm seine Arbeit wieder auf und zusätzlich kamen noch Zimmerarbeiten dazu.

1946 wurde wieder ein Lehrling eingestellt und der 1944 eingezogene Geselle kam zurück. Für alle Beschäftigten gab es genügend Arbeit, da die Auftragslage nach dem Krieg, durch den allerorts sichtbaren Wiederaufbau sehr gut war.

1946 kam zu Lehrling und Geselle noch ein Sägemeister dazu. So konnte sich der Lehrling auf die

Werkstattarbeit konzentrieren und musste nicht mehr nebenbei die Gattersäge bedienen. Von einer Gattersäge wird Rundholz durch einen Sägerahmen geschoben, welcher den Stamm in die den Sägeblattabstand entsprechenden Dimensionen sägt.

1948 trat Rudolf Heinrich nach seinem Volkschulabschluss mit noch zwei weiteren Männern die Stellmacherlehre im väterlichen Betrieb an.

Nach bestandener Gesellenprüfung 1951, bekam Rudolf Heinrich seine erste Anstellung bei einem Stellmachermeister in Hansühn. Der Wunsch, doch noch den Beruf des Tischlers zu erlernen wurde ihm durch seinen Onkel ermöglicht, welcher innerhalb von 14 Tagen eine Lehrlingsstelle beim Tischlermeiser Brockmann auftat. Nach etwa 2 Jahren ging Brockmann Konkurs und Rudolf Heinrich arbeitete als Zimmermann und Tischler um Geld zu verdienen.

1953 war die Arbeitslage jedoch so schlecht, dass eine Alternative überlegt werden musste. Rudolf Heinrich ging zum Bundesgrenzschutz. Rudolf Wilhelm führte währenddessen die Stellmacherei weiter.

1957 stürzte Rudolf Heinrich vom Pferd. Dabei verschoben sich seine Rückenwirbel und er war somit Polizeiuntauglich. Nach 3 Jahren wurde er aus dem Dienst entlassen. Daraufhin kehrte er in die elterliche Werkstatt zurück. Sein Vater arbeitete zu dieser Zeit alleine in der Werkstatt. Zusammen begannen sie, auf Dächern in der Gegend von Langenhagen Eternit zu decken, auch Zimmerarbeiten wurden ausgeführt.

Zwei Jahre später, 1959, machte Rudolf Heinrich seine Meisterprüfung und bestand diese erfolgreich. Ab diesem Zeitpunkt fertigte er in der Werkstatt seines Vaters Möbel und wurde somit zum selbständigen Möbelhändler.

1966 kaufte er seinem Vater die Werkstatt ab und stellte ihn zeitgleich als Meister ein. Noch in diesem Jahr absolvierte Rudolf Heinrich seine Meisterprüfung im Tischlerhandwerk und machte sich als Tischler selbstständig.

1968 wurde das Innere der Werkstatt umgebaut bzw. umstrukturiert. Der Betrieb wirtschaftete so erfolgreich, dass ein Arbeiter, zwei Gesellen und ein Lehrling neben Rudolf Wilhelm und Rudolf Heinrich in der Werkstatt tätig waren. Folgende Maschinen waren bereits in der Werkstatt vorhanden: eine neuer Abrichte, eine Kreissäge, eine Bandsäge und ein gebrauchter Dickenhobel. Von Jahr zu Jahr konnte der Betrieb immer bessere Zahlen vorweisen und so wuchs auch die Mitarbeiteranzahl. 1973 waren es schon vier Gesellen und drei Lehrlinge. In der Produktion waren Fenster und Türen als Sonderanfertigungen. Im Land gab es immer mehr Fensterfabriken und somit wurde es immer schwieriger preislich Listenfenster herzustellen. Um günstiger Arbeiten zu können, kaufte Rudolf Heinrich eine Kehlmaschine von Weinig, einen Zapfenschneider und Werkzeuge von Leitz. Damit wurden weiterhin Fenster produziert und an Fensterhändler in Kiel, Hamburg, Flensburg und Lübeck geliefert.

1975 wurde Rudolf Wilhelm offiziell in den Ruhestand verabschiedet, die folgenden 28 Jahre bis zu seinem Tod arbeitete er dennoch weiter in der Werkstatt.

1978 wurde die Werkstatt zu klein, die alte Werkstatt wurde überbaut und es konnte - bis auf drei Wochen in der direkten Umbauphase - weitergearbeitet werden. Rudolf Heinrich und sein Frau Helga haben drei Kinder, 2 Söhne und eine Tochter. Ulrich, einer der zwei Söhne lernte bis 1978 Groß- und Außenhandelskaufmann.

1979 nahm Ulrich in einer Tischlerei in Haffkrug eine Lehrstelle an, mit der Absicht, den Betrieb zu übernehmen. Weitere Maschinen kamen dazu, Rudolf Heinrich kaufte eine Putzmaschine und eine Kehlmaschine von Gubisch.

1981 schloss Ulrich erfolgreich die Lehre zum Tischler ab und begann, in der väterlichen Werkstatt zu arbeiten.

1989 entstand eine Halle hinter der Werkstatt als Holzlager, ebenfalls für Zuschnitte nutzbar, sowie ein neuer Spritzraum. Ein Teil im oberen Bereich wurde als Büro geplant.

1992 wurde Ulrich zum Tischlermeister und übernahm am 1.1.1993 den Betrieb.

Seitdem fertigt der Betrieb Gaubenfenster, Holzfenster, Holztüren und Denkmalgeschütze Elemente.

2007 begann der 1988 geborene Sohn Felix eine Lehre zum Tischler im eigenen Betrieb. Nach Abschluss der Lehre 2010 begann Felix noch ein Studium zum Holzingenieur in Hildesheim. Im Sommer 2014 wird er das Studium beenden und wieder in die Tischlerei zurückkehren und in den kommenden Jahren die Tischlerei in vierter Generation übernehmen.

2014 Derzeit zählt der Betrieb acht Tischlergesellen, vier Auszubildene, eine Bürokauffrau, zwei angehende Holzingenieure und einen Tischlermeister.